Wenn Eltern oder Angehörige plötzlich nicht mehr für sich selbst sprechen können, stehen Familien oft vor schwierigen Fragen. Wer dann keine Vollmachten hat, riskiert Fremdbestimmung – mit weitreichenden Folgen.
Krankheit, Unfall oder altersbedingte Einschränkungen können das Leben unerwartet verändern – auch bei jüngeren Menschen. In solchen Situationen ist es entscheidend, dass nahestehende Personen im Namen der Betroffenen handeln dürfen. Genau dafür gibt es Vollmachten. Denn es ist nicht automatisch so, dass Eltern, Ehepartner oder Kinder die Verantwortung tragen. Selbst engste Angehörige dürfen ohne rechtliche Ermächtigung keine Bankgeschäfte tätigen, Verträge kündigen oder medizinischen Entscheidungen zustimmen. Ohne entsprechende Vollmacht bestellt das Gericht einen Betreuer, oft einen Fremden, der unter Umständen nicht so handelt, wie es sich die Betroffenen gewünscht hätten. Und für Angehörige kann es schockierend sein, wenn sie dann nicht mal Zeitschriften abbestellen oder die Heizung runterdrehen dürfen, weil sie kein Recht dazu haben.
Welche Vollmachten helfen im Ernstfall?
Die wichtigste Vorsorgeregelung ist die Vorsorgevollmacht. Sie erlaubt einer Vertrauensperson, im Namen des Vollmachtgebers Entscheidungen zu treffen und handeln zu können – z. B. bei Finanzen, Verträgen, Behörden oder medizinischer Behandlung.
Dazu kommt eine Betreuungsverfügung. Sie greift, wenn ein Gericht dennoch eine Betreuung anordnet – etwa weil die Vorsorgevollmacht nicht anerkannt oder als unklar formuliert angesehen wird. In der Verfügung kann man festlegen, wer in einem solchen Fall als Betreuer eingesetzt werden soll – oder wen man ausdrücklich ausschließt.
Ebenso wichtig ist eine Patientenverfügung. Sie bestimmt, welche medizinischen Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden, wenn man nicht mehr selbst entscheiden kann (z. B. lebenserhaltende Maßnahmen).
Eine Bankvollmacht ist ratsam, weil eine Vorsorgevollmacht bei Banken oft nicht ausreicht, um Zugriff auf Konten und Depots zu erhalten. Dafür haben die Banken in der Regel eigene Formulare, die in der zuständigen Filiale von Vollmachtgeber und -nehmer unterzeichnet werden müssen.
Für Eltern ist zusätzlich eine Sorgerechtsverfügung sinnvoll: In ihr kann festgehalten werden, wer sich um die Kinder kümmern soll, falls Vater oder Mutter ausfallen. Zwar prüft das Gericht diese Regelung – aber sie hat ein starkes Gewicht.
Vollmachten – muss das zum Notar?
Eine Vorsorgevollmacht kann man grundsätzlich selbst erstellen, etwa mithilfe von kostenlosen Formularen seriöser Stellen wie dem Bundesministerium der Justiz. In einigen Fällen ist es aber sinnvoll oder sogar zwingend vorgeschrieben, Vollmachten notariell zu beurkunden, etwa wenn die bevollmächtigte Person Verbraucherdarlehen aufnehmen oder ein Handelsgewerbe betreiben soll. Empfehlenswert ist die Beurkundung, wenn die bevollmächtigte Person über Grundstücke und Immobilien verfügen soll, wenn es um große Vermögen geht oder Angehörige in absehbaren Streitigkeiten die Wirksamkeit der Vollmacht verhindern wollen. Die Beurkundung ist kostenpflichtig.
Wer vorsorgt, schützt sich – und seine Familie.
Niemand denkt gerne daran, was im Ernstfall sein könnte. Doch Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen und Betreuungsverfügungen sind Ausdruck von Fürsorge – für sich selbst und für die Menschen, die man liebt. Sie zu erstellen dauert oft nur wenige Stunden, erspart aber im Ernstfall monatelangen Ärger. Und gibt Angehörigen das, was sie in einer Krise am meisten brauchen: Klarheit und Handlungsspielraum.
Weitere Infos und Formulare
Bundesministerium der Justiz (BMJ)
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Viele Gesundheitsämter und Betreuungsbehörden bieten kostenlose Beratung und Formulare an – oft auch mit Sprechstunden vor Ort.