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Kolumnen

Theo zieht aus!

Ein 12-jähriges Kind mit starkem Willen im Alltag und eigenen Vorstellungen vom Wohnen. Tom Nädler über das Leben in seinem Zuhause.
Tom Nädler schreibt an dieser Stelle regelmäßig über den täglichen Wahnsinn – zu Hause, im Job und unterwegs. ©LOOK//one

Als klar war, wir werden Eltern, gab ich meine heißgeliebte, coole Junggesellenbude in der List in Hannover auf und zog mit Tanja in ein ziemlich konventionelles Stadthaus in einem Neubaugebiet im Osten Hannovers. Was man dann halt so macht: kleiner Vorgarten, kleine Terrasse, ausreichend Zimmer, Spielplatz um die Ecke und gleichaltrige Kinder zum Toben in der Nachbarschaft. Da war Theo gerade mal ein Jahr alt und konnte natürlich überhaupt noch nicht mitbestimmen, wie er so wohnt.

Das änderte sich allerdings recht schnell. Kaum war der Kerl zu so etwas wie einer eigenen Meinung fähig, ging es los. Das alte Kinderzimmer? Uncool. Ob er nicht ins Dachgeschoss in das eigentliche Gästezimmer mit eigenem Balkon ziehen könnte. Weit ab von den Räumen seiner Eltern natürlich. Der vorhandene Kleiderschrank? Ätzend. Er hätte lieber einen, der nicht so viel Raum einnimmt. Damit Platz für ein Aquarium entsteht. Zumindest darüber verhandeln wir noch …

Der neueste Plan ist allerdings, so schnell wie möglich auszuziehen. Denn dort, wo er jetzt wohnt, fehlt es ihm natürlich an so gut wie allem. Kein fetter Flatscreen, um eine Spielekonsole anzuschließen. Kein sicheres WLAN, um auch noch bis in die Nacht eines der geliebten Hörspiele über den Streamingdienst zu hören. Kein Kühlschrank in der Nähe des Bettes, um rund um die Uhr eiskaltes Wasser trinken zu können. Schlimm.

Auf die Frage, wie er das denn finanzieren will, hat Theo auch ganz klare Antworten. Er helfe schließlich beim Turnverein für 5 Euro in der Woche als Trainer aus. Außerdem bekomme er Taschengeld und habe gerade erst eine Erhöhung auf 20 Euro im Monat verhandelt. Das ganze Geld, das wir für Klamotten für ihn ausgeben, könnten wir ihm auch so geben, denn er hätte auf wundersame Weise immer genug im Schrank. Und dann wäre da noch die Kohle, die wir sparen, weil wir für ihn dann keine Lebensmittel mehr kaufen müssten. Auch die könnten wir ihm gleich direkt überweisen. Ah ja. Zum Glück bekommt Theo bald das Fach „Wirtschaft“ in der Schule. Mal gucken, wie er das dann alles so sieht. Money makes the world go around.   

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