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Reportagen

Gemeinsam in Bewegung

Endlich mal wieder mehr Bewegung ins Leben bringen? Stadt und Region Hannover glänzen durch eine ausgeprägte Sportvereinskultur.

Rund 1.000 Sportvereine bieten hier vielfältige Möglichkeiten, um sportlich aktiv zu werden und die Gesundheit sowie die Solidargemeinschaft zu stärken.

Bewegung tut gut!

Nicht nur dem Körper, sondern auch der Seele. So sorgt Sport unter anderem für eine effektive Stressbewältigung, einen besseren Schlaf und ein gestärktes Selbstwertgefühl – und das besonders durch Teamsport in Vereinen, ergab eine Studie der Österreichischen Bundes-Sportorganisation: Viele Sportvereinsmitglieder sind mit ihrem Leben zufriedener als Nicht-Vereinsmitglieder (Quelle: Österreichische Bundes-Sportorganisation: Effekte der Mitgliedschaft im Sportverein auf die Gesundheit, www.sportaustria.at). Während der Corona-Pandemie war Vereinssport vielerorts nicht mehr möglich. Mittlerweile sieht es anders aus: Es wird wieder trainiert – UND ZWAR GEMEINSAM.

Wie Rugby nach Hannover kam

Headcoach Rafael Pyrasch
analysiert das Viertelfinale-Spiel der Saison.

Wie viel Spaß das machen kann, zeigt sich beim Rugby- Training von Hannover 78 am Maschsee: 25 Männer spielen hier zum Warm-up gerade eine Art Fangen auf dem Spielfeld. Dabei hat jeder Spieler einen Gürtel
mit zwei Bändern um. Alle versuchen dem Spieler mit dem Ball die Bänder abzureißen, um ihn aus dem Spiel zu kriegen. Es wird gerempelt, gefallen und gelacht.

Hier, bei Hannover 78, ging es vor 145 Jahren so richtig los mit dem Rasensport in unserer Republik: Der älteste Rugby- und gleichzeitig älteste Rasensportverein Deutschlands wurde von Ferdinand-Wilhelm Fricke gegründet. Aus dem Verein ging 18 Jahre später auch Hannover 96 hervor. Fußball – ja, klar! Aber Rugby? „Rugby wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in der gleichnamigen englischen Stadt erfunden", erklärt der am Spielfeldrand stehende Rafael Pyrasch. Der ehemalige deutsche Rugby-Bundesligaspieler und Union-Nationalspieler ist heute Headcoach für die Bundesligisten bei Hannover 78: „Durch das Königshaus waren Großbritannien und Hannover historisch eng miteinander verbunden. So kamen viele britische Studenten hierher und brachten ihren Sport mit, zum Beispiel auch Cricket." Im Laufe der Jahrzehnte etablierte sich der Breitensport zusehends und damit eine Kultur, die neben der Ansprache von Sportinteressierten aller Generationen und kultureller Hintergründe auch den Fairplay-Gedanken großschreibt.

Für alle was dabei!

Wo es andernorts durch Fitness-Studios und digitale Angebote zum Mitgliederschwund kommt, zeigt der Trend in hannoverschen Sportvereinen sogar einen leichten Zuwachs, erklärt Benjamin Chatton, Präsident des Stadtsportbundes Hannover (SSB). Ob Aerobic, Kanu-fahren oder Minigolf: In Hannover gibt es für nahezu jedes individuelle Interesse einen Verein, der sich über neue Mitglieder freut – unabhängig von Alter und Geschlecht, Herkunft, Bildungsstatus oder Einkommen. Zudem gibt es spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche, Frauen und Mädchen, Familien, Senioren, Menschen mit Behinderung oder Geflüchtete.

Hier zählt das Wir-Gefühl

Klar im Vorteil sind Vereinsmitglieder im Hinblick auf das Sozialleben: „Digitale Sportangebote ersetzen nicht die soziale Heimat von Vereinen", sagt Chatton. Head-Coach Pyrasch stimmt ihm zu: „Neben dem professionellen, persönlichen Training, das auf die persönliche Leistungsfähigkeit eingeht, wird durch die Verbindlichkeit und den Spaßfaktor in der Gruppe das Wir-Gefühl gestärkt." Das ist vor allem für all diejenigen interessant, die ihren Schweinehund für regelmäßige sportliche Einlagen schwer überwinden können. Und dann gibt es natürlich noch alles, was neben dem eigentlichen Sport stattfindet, wie gemeinsame Grill-Events oder Vereinsarbeit.

„Sportvereine nehmen auch bei der Integration eine wichtige Funktion ein", so Chatton. „Gemeinsame Trainings, Erfolge und Misserfolge helfen dabei, sich zu begegnen, sich besser kennenzulernen und Berührungsängste abzubauen." Hannover 78 engagierte sich in diesem Zusammenhang etwa mit einem Sportangebot für Geflüchtete aus der Ukraine oder mit Programmen, um benachteiligte und gefährdete Kinder und Jugendliche sportlich zu integrieren.

Die jungen Sportler entwickeln mit der Zeit Stabilität, Orientierung, Konfliktfähigkeit und Selbstbewusstsein. Denn neben den sportlichen Aspekten vermitteln die Trainer wichtige Werte wie Durchhaltewillen
und Respekt anderen Menschen und Regeln gegenüber. „Rugby eignet sich für jeden", meint Pyrasch. Ob klein, groß, schmächtig oder kräftig: In jeder Position ließen sich Menschen mit unterschiedlichen physischen Voraussetzungen einsetzen. „Natürlich gibt es – vom Spaßfaktor in der Regional-Liga bis hin zum hochprofessionellen Sport – auch unterschiedliche Ansprüche, auf die beim Training individuell eingegangen wird." Pyrasch selbst fing bei Hannover 78 mit 16 Jahren an, Rugby zu spielen. Was anfangs wegen der Regeln, die von anderen Ballsportarten deutlich abweichen, überforderte, faszinierte ihn später umso mehr: „Bei jedem Training gab es Neues zu lernen. Das machte schon allein deshalb riesigen Spaß." Er trainierte täglich mehrere Stunden, reiste mit der Mannschaft durch die Welt und spielte in Stadien mit 50.000 Zuschauern. Nach seiner Karriere als Spitzensportler absolvierte der heute 36-Jährige ein Studium zum Diplom-Trainer. Erst trainierte er die deutsche Nationalmannschaft und jetzt die Bundesliga-Mannschaft.

Neue Mitglieder willkommen

Um den Nachwuchs zu motivieren und neue Mitglieder zu werben, bieten sich heute Social-Media-Portale an, so der Coach: „Das gedruckte Vereinsmagazin ist natürlich weiterhin wichtig, um die Gemeinschaft im Verein zu informieren, aber heute muss man auch andere Wege gehen." Den größten Teil des Nachwuchses gewinne der rund 1.000-Mitglieder starke Verein, der auch Tennis, Hockey und Freizeitsport anbietet, jedoch nach wie vor durch Kinder und Jugendliche, die ihre Freunde mitbringen. Die Voraussetzung dafür sei immer die gute Betreuung im Verein. Hier liegt allerdings auch die Herausforderung: „Das große Problem für die meisten Vereine ist, Übungsleiter und Ehrenamtliche zu finden, die sich engagieren. Wir brauchen Leute, die die Kinder und Jugendlichen vernünftig betreuen, damit sie sich wohlfühlen und hierbleiben." Zwar erfordert die Mitgliedschaft lediglich eine Vereinsarbeit von vier Stunden pro Jahr, aber viele engagieren sich weit darüber hinaus. Dafür wiederum braucht es das Engagement des Vereins: „Man muss nicht nur sagen, dass man das Ehrenamt wertschätzt, sondern man muss die Leute wirklich als Teil des Teams mit einbeziehen."

Trends und Bewegungs(t)räume

Ob Minigolf, Schach oder Fechten: Wer sich in der hannoverschen Sportwelt umschaut, findet vielfältige Sportarten. „Klassische Angebote wird es weiterhin überwiegend geben, aber es ist jetzt schon so, dass die Vereine neue Trendsportarten integrieren", erklärt Chatton.
Von Beach-Volleyball und Padel-Tennis über das Einradhockey bis hin zum Mannschaftssport Quidditch, seit 2022 Quadball genannt, der von dem gleichnamigen fiktiven Spiel aus den Harry-Potter-Büchern inspiriert wurde. Junge Leute werden auch selbst aktiv und schließen sich zusammen, wie zum Beispiel beim Projekt Gleis D vom Verein zur Förderung von Jugendkultur und Sport e.V. Hier wurde eine Skate- und BMX-Halle nahe des S-Bahnhofs Hannover-Nordstadt errichtet. „Wir engagieren uns sehr dafür, dass Hannover eine aktive Stadt ist", so Chatton. Als Träger des Nachmittagsangebotes an Ganztagsschulen werbe der Stadtsportbund für Vereine und führe so schon Kinder an den Sport heran. Zudem initiiert der Stadtsportbund mit Beteiligung zahlreicher Sportvereine Aktionen. Am zweiten Sonntag im September beispielsweise begeistern die SportRegion-Bühne und die Mitmachstationen auf dem zentralen Entdeckerfest der Region Hannover regelmäßig zigtausend Menschen. Auch der Fachbereich Sport der Stadt Hannover setzt sich unter Beteiligung der Sportvereine mit kostenlosen Bewegungs-, Spiel- und Sportmöglichkeiten an öffentlichen Plätzen wie „Bewegungs(T)räume Innenstadt" oder „Sport im Park goes City" für den Sport ein.

WER SICH MOTIVIERT FÜHLT, AKTIV ZU WERDEN, UND EINFACH MAL REINSCHNUPPERN WILL: IN NAHEZU JEDEM STADTTEIL, IN DEM SPAR+BAU-WOHNRAUM VERMIETET, GIBT ES INTERESSANTE SPORTVEREINE. BEI DER WAHL EINER SPORTART ODER BEI DER SUCHE NACH EINEM BESTIMMTEN VEREIN HELFEN DIE DATENBANKEN AUF DER WEBSITE DES STADTSPORTBUNDES: WWW.SSB-HANNOVER.DE

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