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Reportagen

Ich war dann mal weg!

Der Hannoveraner Andreas Beneke radelte ein Jahr um die Welt.

Seine Ziele: die Pyramiden in Ägypten und Orte mit dem Namen „Hannover“ besuchen sowie Spenden für die Krebshilfe sammeln. Wir trafen den sportlichen Weltenbummler … 

Andreas Beneke, Weltenbummler

Andreas Benekes Traum von einer Radreise zu den Pyramiden begann in der 5. Klasse, als das Thema Ägypten durchgenommen wurde. Ein Bericht eines Deutschen, der dorthin geradelt war, entfachte seine Leidenschaft. Seine Eltern, ebenfalls begeisterte Radfahrer, schenkten ihm damals den 50er-Jahre-Bestseller „Ich radle um die Welt“. Jahrzehnte später war der Plan, es dem Autor gleichzutun, vollständig ausgereift. Da stieß der Läufer und Triathlet vom TSV Victoria Linden zudem noch auf das Buch „Hannover – Spuren in aller Welt“. Die Idee, nach den Pyramiden zu den Hannovers oder Hanovers dieser Welt zu fahren, war geboren. Hannover gibt es global insgesamt 86 Mal, wovon er immerhin so einige zu sehen bekam: Hanover am Nordkap in Südafrika, die Isla Hanover in Chile, Hanover New County in den USA … 

Herzenswunsch: vorwärts nach weit

Auf Instagram: vorwaerts.nach.weit

Das Zitat stammt von dem hannoverschen Künstler Kurt Schwitters (1887 bis 1948) und wurde zum Reisemotto von Andreas Beneke (50). Auf dem Instagram-Kanal „vorwaerts.nach.weit“ dokumentierte der Hobbyfotograf seine gesamte Reise. Zudem gibt es dort einen Link zur Deutschen Krebshilfe, für die der Radfahrer Spenden sammelt. denn dem Weltenbummler ist es ein Herzenswunsch, die Forschung in diesem Bereich voranzubringen.

45 Kilo für jede Gelegenheit

Han(n)over ist überall

Am 12. Juli 2023 radelte Beneke mit seinem Reiserad los – ausgestattet mit Ersatzteilen, Zelt, Schlafsack, Kochgeschirr, Mückenspray sowie Kleidung für jede Wetterlage. Zunächst ging es durch Österreich, Italien und Slowenien nach Kroatien. Von Dubrovnik aus fuhr er weiter nach Montenegro und Albanien. Aufgrund chaotischer Straßenverhältnisse und Unwetter änderte er seine Route und reiste nach Mykonos, wo er zehn erholsame Tage verbrachte und im Anschluss von Athen nach Tel Aviv flog. Von hier aus wollte er eigentlich durch die Negev Wüste bis nach Eilat in Ägypten radeln und mit dem Bus wegen des teils militärischen Sperrgebiets durch die Wüste Sinai fahren. Danach wollte er bis Kairo und Luxor zu den Pyramiden radeln. Doch manchmal kommt es eben anders, als man denkt …

Andreas in Mungyeong, Südkorea

Die ersten Tage in Tel Aviv waren angenehm. Die Leute lagen entspannt am Strand, trieben Sport, feierten. „Ich war noch bei einem Europapokal-Basketball-Spiel mit 20.000 Leuten in der Halle.“ Abends genoss der Radfahrer den wunderbaren Sonnenuntergang in einem Naturpark, wo er sein Zelt aufschlagen konnte. Am nächsten Morgen wurde er von Raketengeräuschen geweckt. „Ich dachte erst, das sind Wilderer, die im Busch jagen. Dann erzählten mir zwei Wanderer, dass der Konflikt zwischen der Hamas und den Israelis wieder angefangen habe.“ Er rief Mark an, einen Israeli, der ihn unterwegs zu sich eingeladen hatte. Der sagte, Beneke solle sofort zu ihm kommen. Weil alle bereits in ihren Schutzräumen waren, fuhr der Radfahrer mutterseelenallein über die Autobahn. „Die Soldaten haben mich durchgewunken und dachten wahrscheinlich: Was ist das denn für ein Bekloppter?“ Nach 3,5 Stunden war er in der Wohnung seines Gastgebers und erst mal sicher. Sämtliche Flüge wurden gestrichen, die Deutsche Botschaft half wenig, kommunizierte erst nach ein paar Tagen Informationen auf ihrer Website, mit der Bitte, dort nicht anzurufen. „10 bis 15 Mal pro Tag war Luftalarm. Wir mussten die ganze Zeit drinnen bleiben.“ Schließlich ergatterte er einen letzten Platz in einer El-Al-Maschine nach Thessaloniki. Dort angekommen, flog er weiter zu einer Reisebekanntschaft nach Istanbul. Der holte ihn vom Flughafen ab, ließ ihn bei sich wohnen und zeigte ihm all die Sehenswürdigkeiten der quirligen Stadt am Bosporus.

Nächste Station: Südafrika

Hanover in Great Karoo, Südafrika

In Johannesburg gilt Radfahren als ziemlich gefährlich, aber Beneke erlebte die Gastfreundschaft der Südafrikaner, sah atemberaubende Landschaften, Wildtiere wie Affen, Zebras, Springböcke und lief spontan einen Marathon in Soweto mit. Die Menschen waren herzlich und hilfsbereit. „Ich bin da schon aufgefallen – wie ein bunter Vogel, wurde oft eingeladen und am nächsten Tag hatten sie 100 Kilometer weiter schon die nächste Unterkunft für mich organisiert.“ Einmal war es ein Zimmer in einem Internat. Da hatten die Kinder schon Bier für ihn kalt gestellt, weil sie dachten, dass Deutsche gerne Bier trinken. Ein anderes Mal war es ein 80 Jahre alter Mann, der ihm die ganze Umgebung zeigte, die Steilhänge, einen Wasserfall, Küstenabschnitte. 

Er stellte sich als ehemaliger südafrikanischer Botschafter in Botswana und Belgien heraus, der noch Staatsbesuche mit Nelson Mandela organisiert hatte. Ein anderes Mal lud ihn jemand ein, für fünf Tage sein Gast in Kapstadt zu sein. Abends saßen sie auf seinem Balkon mit dem Blick auf den Tafelberg. „Mit dem Fahrrad hatte ich immer einen Türöffner. Das hat es mir einfacher gemacht, Kontakt zu bekommen.“ In Südafrika am Nordkap besuchte er dann noch das leider wenig spektakuläre Städtchen Hanover. Von Kapstadt ging es nach Namibia, wo er bei 30 Grad Weihnachten feierte und in einer deutschen Kneipe ganz traditionell Knödel, Rotkohl und Weihnachtsgans aß. 

Isla Hanover in Südamerika

Andreas in seiner Werkstatt

Von Windhoek ging es mit dem Flieger nach Chile ins traumhafte Patagonien. Auf der entspannten viertägigen Fahrt mit der Fähre nach Puerto Natales erfuhr Beneke eine Menge über Geschichte, Flora und Fauna und er übte sich zur Belustigung der Mitfahrenden im Salsatanzen. „Als wir an der unbewohnten, circa 30 Kilometer langen Isla Hanover in Chile nördlich von Feuerland im patagonischen Archipel vorbeifuhren, sagte der Kapitän durch den Lautsprecher, dass er auf Wunsch eines speziellen Passagiers darauf hinweisen möchte, dass wir jetzt an dieser Insel vorbeifahren“, erzählt Beneke. „Diverse Passagiere fragten mich dann, was so besonders an der Insel sei, weil sie eine wie tausend andere ist, die es dort gibt. Das war sehr lustig.“

Erinnerungen an Ushuaia, Argentinien

Wieder unterwegs mit dem Rad, nahm ihn wegen heftiger Stürme ein Lkw-Fahrer mit: „Ich habe öfter in Extremsituationen auf meiner Reise erlebt, dass plötzlich wie ein Engel jemand vorbeikam und mir geholfen hat.“ Danach radelte er 1,5 Wochen durch Chile bis nach Ushuaia in Argentinien – zur südlichsten Stadt der Welt. Weiter ging es nach Brasilien, wo er in einem Dorf im Dschungel sein Zelt in einer Diskothek aufschlagen konnte. Im brasilianischen Blumenau übernachtete er in einem deutschen Kulturzentrum. „Dort wurde ich zum Männergesangsverein ‚Liederkranz‘ eingeladen. Ich war der große Stargast“, lacht Beneke. 

Er erlebte Buenos Aires, Montevideo und Uruguay, um schließlich von Rio aus nach Miami zu fliegen.

Hi America!

Blick auf New York City, USA

Die USA sind weit weg von einem Fahrradland: Auf den mehrspurigen Highways raste ein Lkw nach dem nächsten an ihm vorbei. Zeltplätze gibt es kaum. „Einmal fuhr ich nachts aus lauter Verzweiflung zum Flughafen, um mich dort hinzulegen.“ Trotzdem hielt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten auch schöne Erlebnisse für ihn bereit, wie Hanover in Pennsylvania.

Über Australien – wo es permanent regnete – ging es weiter nach Südkorea. Dort überrasch- te ihn die Radfahrerfreundlichkeit – mit einem landesweiten Radfernwegnetz ohne Autoverkehr. Er bekam ein kleines Heft, für das es Stempelstellen für Radfahrer im gesamten Land gibt, und eine Medaille für die gefahrenen Kilometer. Und auch Japan ist ein radlerfreundliches Land. Sein letzter Aufenthalt in Asien war Hannovers Partnerstadt Hiroshima. Dort empfing ihn eine Delegation im Friedenspark. Ein gebührender Abschluss, bevor es von Tokio aus zurück nach Europa ging.

Der Weg ist das Ziel

Die letzte Etappe: Celle – Hannover

Am Ende seiner Reise rief Andreas Beneke über Instagram dazu auf, ihn auf seiner letzten Etappe vom Celler Schloss nach Hannover zu begleiten: „Mit etwa 20 Leuten radelten wir zum neuen Rathaus. Dort nahmen mich Familie, Freunde und Vereinskameraden in Empfang. Wir fuhren zu mir und die ganze Nachbarschaft hat ein großes Grillfest für mich arrangiert. Das war natürlich ein tolles Ankommen!“ So schön die Reise war: Am Ende habe sich der Weltenbummler doch sehr auf zu Hause gefreut, ganz besonders auf das Mehrkornbrot, eine Kanne Ostfriesentee und seinen Relaxsessel. „In den Medien sieht man oft schlechte Nachrichten über die Welt, aber das ist nur eine Seite der Medaille. Ich durfte wunderbare, hilfsbereite Menschen, faszinierende Landschaften und einzigartige Bauwerke auf meiner Reise kennenlernen“, resümiert Andreas Beneke. Sein großes Ziel bleibt immer noch, eines Tages mit dem Rad zu den Pyramiden nach Ägypten zu fahren …

Warmshowers verbindet

Andreas ist mit warmshowers.org verbunden

Radreisende, gastfreundliche Menschen sind weltweit unter warmshowers.org verbunden. Andreas Beneke hat das Angebot auf seiner Reise vielfach genutzt und bietet sich auch selbst gern als Gastgeber an. Die Weltkarte an der Wand zeigt die Namen seiner Besucher aus aller Welt.

Inspiration und Ratgeber

Diese beiden Bücher gaben den Anstoß zu der Reise von Andreas Beneke. Im internationalen Vergleich empfiehlt der Weltenbummler übrigens Hannover in Niedersachsen als touristisches Reiseziel.

Der Klassiker der Radtourer-Literatur:
Ich radle um die Welt
Heinz Helfgen
Verlag Rad und Soziales
398 Seiten

Hannoversche Geschichtsblätter:
Hannover – Spuren in aller Welt
Hans-Ulrich Stockmann
Verlag Rad und Soziales
240 Seiten

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